Irgendwie hatte mein Weg mich mittlerweile hierher geführt. Ich saß schon eine gute Stunde ziemlich nah am Rand einer Klippe. Nicht weil ich springen wollte, aber der Ort war irgendwie gut zum nachdenken. Ich schrieb die ganze Zeit mit Chace aber mir wurde richtig bewusst, dass je länger ich mit ihm schrieb, ich ihn nur umso mehr vermisste. Seine zärtlichen Küsse, seine süssen Worte, sein Geruch und seine Stimme, die Art wie er mich berührte, einfach alles. Ich wusste gar nicht wie ich damit umgehen sollte. Eigentlich dachte ich, ich wusste es aber das tat ich nicht. Also schrieb ich ihm, dass ich jetzt schlafen gehen würde. Was hätte ich auch sonst schreiben sollen? Ich musste ihn wohl endgültig vergessen. Obwohl das immernoch besser war als ihn tot zu wissen, tat es trotzdem unheimlich weh. Es trieb mir richtig die Tränen in die Augen. Er konnte ja nicht mal was dafür. Konnte keiner, nur konnte ich damit gerade irgednwie nicht umgehen. Ich zog meine Beine an meinen Körper, legte meinen Kopf auf meine Knie und weinte mich einfach aus. Wie immer hatte ich keinen mit dem ich hätte reden können obwohl ich es dringend gebraucht hätte. Aber ich war es ja gewohnt.
Ich ging die Klippen in der Nähe meiner Wohnung entlang. Ich kam Abends oft hier her, der Ausblick war atemberaubend und man war einfach alleine, konnte gut nachdenken. Als ich dort lang lief sah ich von weitem die junge Frau von heute Nachmittag, die mir geholfen hatte. Sie sah traurig aus. Wahrscheinlich wollte sie alleine sein doch ich ging zu ihr. Ich tippte ihr auf die Schulter und fragte ''Ahm.. Hey, ist alles Ok bei dir?''
Ich erschrak leicht als mir plötzlich jemand auf die Schulter tippte und sah sofort hinter mich. Wahrscheinlich hatte ich irgendwo gehofft es wäre Chace, aber haha was für ein Schwachsinn. Warum sollte er auch hier sein? "Ich..ehm.." Ich wischte mir schnell die Tränen aus dem Gesicht und nickte. Irgendwie kam sie mir bekannt vor. "Ja, alles bestens." Antwortete ich dann und senkte den Blick. Eigentlich war es Blödsinn das zu sagen, da es offenichtlich war, dass nichts bestens war, aber ich würde sicher keine fremden Leute mit meinen Problemen belasten.
Sie versuchte noch ihre Tränen weg zu wischen, doch man sah ihr an das sie geweint hatte und auch wenn es mich nichts anging, ließ ich nicht locker. Hätte wie wirklich jemanden gehabt der ihr gerne zuhört würde sie jetzt bestimmt nicht hier alleine sitzen. ''Also, tut mir leid wenn ich jetzt aufdringlich bin, wenn du willst das ich gehe ist das kein Problem.. aber wenn du reden möchtest ... man sieht dir an dass es dir nicht gut geht ..''
Ich lächelte sie etwas an als sie das meinte. Nur ich wusste nicht so recht ob das etwas war was man jemandem den man überhaupt nicht kannte erzählen sollte. Aber es war schon traurig, dass mich eine fremde Person darauf ansprach aber niemand von denen die mir nahe standen. "Ach es geht schon..ich bin nur..etwas durcheinander. Aber vielen Dank." Meinte ich und presste die Lippen aufeinander. Ich atmete dann einmal tief durch und sah sie mir nochmal genauer an. "Irgendwie kommst du mir bekannt vor.." Stellte ich fest und schaute fragend zu ihr hoch.
''Bist du dir ganz sicher? ..'' , ich war schon immer jemand gewesen, dem andere Probleme viel wichtiger waren als Eigene. ''Ach ja, ich bin heute am Brunnen hingefallen, du hast mich auf geholfen.. danke nochmal'', aufmunternd lächelte ich ihr zu. Wenn sie wirklich nicht reden wollte, würde ich sie in Ruhe lassen. ''Du hattest aber nicht vor zu springen oder?'' - Sobald die Frage meinen Mund verlassen hatte, hätte ich mich selbst ohrfeigen können. Unsensibler gings echt nicht mehr, super Lisa ..
Nein, eigentlich war ich mir mit nichts mehr sicher um ehrlich zu sein. Ich wusste nur nicht was ich sagen sollte. "nein, ich bin mir nicht sicher, aber ist schon okay." Murmelte ich dann unentschlossen und strich mir meine Haare aus dem Gesicht. "Ach richtig, das Mädchen mit der Zeichnung. Ich erinnere mich." Fiel mir dann wieder ein. Als sie fragte ob ich springen wollte musste ich etwas kichern, schüttelte danna ber beruhigend den Kopf. Einmal wäre ich fast gesprungen und das war am Tag unserer eigentlichen Hochzeit. Ich war damals aus der Kirche hierher gerannt und wollte wirklich springen, so fertig wie ich war. naja gut dass ich es nicht getan hatte. "nein, nein. Keine Angst."
''Weißt du was? Ich geb dir meine Nummer und wenn was ist kannst du dich melden okay.. ich weiß das wirkt jetzt vielleicht aufdringlich aber ich kann Menschen einfach nicht traurig sehen. Übrigens, ich bin Lisa, dann musst du mich nicht mehr das Mädchen mit der Zeichnung nennen'' - was für Ironie, dabei lebte ich doch selber nur noch hinter einer Fassade. Ich gab ihr meine Nummer, lächelte ihr noch einmal aufmunternd zu und ging dann zurück. Sie tat mir wirklich leid. Ich hoffte sie war nicht zu stolz um sich bei mir zu melden falls sie reden wollte, denn ich wusste ich an ihrer Stelle wäre es gewesen.
Bevor ich überhaupt irgendwas sagen konnte war sie auch schon wieder verschwunden. So wirklich glücklich hatte sie aber auch nicht ausgesehen. Ich kannte dieses falsche Lächeln und diese gespielte Leichtigkeit nur zu gut. Eigentlich ein Grund mehr sie nicht noch mit meinen Problemen zu belasten. Trotzdem vertaute ich ihre Nummer sicher in meiner Tasche und schaute dann wieder raus aufs weite, unendlich scheinende Meer. Irgendwie hatte ich gar keine Lust nach hause zu gehen. Vielleicht sollte ich einfach hier bleiben und niw wieder zurück gehen... ja schön wär's.
Nachdem ich nun tatsächlich die ganze Nacht hier gesessen hatte, war mir zwar furchtbar kalt aber wirklich nach Hause wollte ich trotzdem nicht. meine Mutter würde mich sowieso nur wieder rund machen, weil ich nicht da gewesen war. Warum überhaupt nach Hause gehen? Wegen des Geldes? Für was brauchte ich das schon? Ich hatte genug Klamotten, essen tat ich sowieso gerade genug um nicht um zu kippen, ein Handy hatte ich und joa. Gut vielleicht war es der Luxus im Moment nicht arbeiten zu müssen. Ich konnte seit damals einfach keine Motivation mehr finden. Aber vielleicht hätte ich mich statt dessen auch einfach in die Arbeit stürzen sollen? Immerhin wollte ich immer schon, seit ich denken konnte Modedesignerin werden oder ein hohes Tier bei einer Modezeitschrift werden. Doch mir war irgendwie die Lust an allem vergangen. Obwohl ich durch meine Eltern natürlich große Chancen hatte, mein Ziel auch zu erreichen. Immerhin hatten sie viel Einfluss. Jedoch wollte ich es immer aus eigener Kraft schaffen etwas auf die Beine zu stellen. Hier zu sitzen und zu heulen brachte mich auf jeden Fall nicht weiter. Es konnte ja nicht ewig so weiter gehen. Ich seufzte lautstark, raffte mich dann langsam auf, d amir etwas schwindelig war und machte mich nun doch auf den Weg nach hause.